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Ombudsstellen fordern die Einhaltung der Menschenrechte – Sparpaket diskriminiert Menschen mit Behinderungen

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Die Länderkonferenz der Ombudsstellen für Menschen mit Behinderungen (LOMB) nimmt in einer Presseaussendung kritisch zum Sparpaket der Regierung Stellung.

Hier der Originaltext der Stellungnahme:
Die Länderkonferenz der Ombudsstellen für Menschen mit Behinderungen (LOMB) übt scharfe Kritik an den geplanten Gesetzesänderungen, die eine Vielzahl von Verschlechterungen für behinderte Personen und deren Familien mit sich bringen würden.

So soll zukünftig der erhöhte Kündigungsschutz von so genannte „begünstigt Behinderte“ für drei Jahre aufgesetzt werden und die Frist, öffentliche Gebäude und Dienstleistungen barrierefrei zugängig zu machen, um vier Jahre verlängert werden. Darüber hinaus ist auch ein erschwerter Zugang zum Pflegegeld geplant. Allein von den Änderungen beim Kündigungsschutz werden österreichweit ca. 6.000 behinderte ArbeitnehmerInnen pro Jahr betroffen sein. Beim Pflegegeld würde es zu Verschlechterungen für insgesamt rund 24.000 Menschen kommen.
Diese Vorhaben stellen massive Eingriffe auch in bestehende Rechte dar und diskriminieren Menschen mit Behinderungen. „Menschenrechtliche Verpflichtungen werden von der Bundesregierung offenbar ignoriert“, so der LOMB-Vorsitzende Siegfried Suppan. Er hält fest, dass sämtliche Änderungen der 2008 von Österreich ratifizierten UN-Behindertenrechtskonvention zuwider laufen.
Die stv. Vorsitzende Isabella Scheiflinger, betont, dass die geplanten Gesetzesänderungen einen massiven Rückschritt bedeuten und Gleichstellungsbestrebungen von der Bundespolitik wohl als „Sozialromantik“ verstanden werden.
Forderungen der LOMB:

1.) Die geplante Erhöhung der Ausgleichstaxenzahlung um € 120.- für Großbetriebe ab 100 MitarbeiterInnen ist völlig unzureichend. Um die berufliche Integration forcieren zu können, soll die Ausgleichstaxenzahlung auf die Höhe eines durchschnittlichen Mindestlohnes angehoben werden.

2.) Die Fristverlängerung bei Umbaumaßnahmen um weitere 4 Jahre wird vehement abgelehnt. Für die Herstellung der barrierefreien Ausgestaltung wurden bereits 10 Jahre anberaumt, eine weitere Verlängerung bis 2020 ist nicht mehr akzeptabel. Die barrierefreie Zugänglichkeit ist ein Menschenrecht. Durch die Fristverlängerung wird die Diskriminierung gefördert und die gleichberechtigte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben erschwert.

3.) Die Voraussetzungen für den Bezug von Pflegegeld dürfen nicht verschärft werden. Vielmehr sollte durch eine jährliche Valorisierung, die Einbindung der Pflegewissenschaften in die Begutachtung und den umfassenden bundesweiten Ausbau der persönlichen Assistenz ein System entwickelt werden, das der verbindlichen Zielvorgabe der gleichberechtigten und selbstbestimmten Teilhabe behinderter Menschen in allen Lebenslagen Rechnung trägt.

Graz/Klagenfurt/Innsbruck, am 10.11.2010

Längst fällig: Bundeseinheitliche Regelung für Persönliche Assistenz

Die unterschiedlichen Regelungen für die Inanspruchnahme von Persönlicher Assistenz (PA) in den österreichischen Bundesländern verdeutlichen ganz klar, dass Behinderung vornehmlich aus gesellschaftlich konstruierten Barrieren hervorgeht. In Kärnten zum Beispiel gibt es empfindliche Selbstbehalte (von € 4,15 – € 12,–!!/Assistenzstunde), in anderen Bundesländern wieder wird PA einkommensunabhängig gewährt; in fast allen Bundesländern ist die Inanspruchnahme von PA rund-um-die-Uhr möglich, in Kärnten lediglich von 6.00-22.00 Uhr; in einem Bundesland gibt es PA lediglich für Menschen mit Lernbehinderungen, in anderen jedoch nur für sinnes- und körperbehinderte Menschen; die Kostenbeiträge und Gehälter für Assistentinnen und Assistenten sind sehr unterschiedlich etc.

Obwohl es klare Richtlinien und Definitionen (u.a. auch vom Europäischen Kompetenzzentrum für Persönliche Assistenz) wie und was PA ist gibt, ist PA in Österreich wie man sieht eine vielschichtige Leistung, die in allen Bundesländern anders gesehen und ausgelegt wird.

Will eine Kärntnerin bzw. ein Kärntner mit Behinderung und mit Bedarf an PA in einem anderen Bundesland ein Studium oder eine anderweitige Ausbildung absolvieren, wird ihr bzw. ihm vom hiesigen Sozialressort geraten, den Hauptwohnsitz in Kärnten aufzugeben, da eine Finanzierung der Leistung in einem anderen Bundesland durch Kärnten nicht möglich ist. Neben dem Aufwand des Wohnortwechsels soll man also auch noch den Aufwand des Wohnsitzwechsels auf sich nehmen und unter Umständen im neuen Bundesland auch noch Neuanträge für diverse andere bisher in Kärnten bezogene Leistungen stellen (z.B. Pflegegeld), und das alles für einen voraussichtlich befristeten Wechsel des Wohnortes?

Artikel 19 der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen hält fest, dass “der Staat wirksame und geeignete Maßnahmen zu treffen hat, um behinderten Menschen die volle Einbeziehung und Teilhabe in der Gemeinschaft zu erleichtern [...] und den Zugang zu gemeindenahen Unterstützungsdiensten zu Hause und in Einrichtungen zu gewährleisten, einschließlich der persönlichen Assistenz.”

Es ist höchste Zeit für eine bundeseinheitliche Regelung, die PA für Menschen mit Behinderungen im Sinne der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung einkommens- und vermögensunabhängig sowie versehen mit einem Rechtsanspruch gewährleistet.

Aufruf zu Demonstration am 9. Juni 2010 in Wien

YouTube-Video:
Mahnwache vor dem Sozialministerium